Unterstützung durch den Psychologen
WARUM IST BEI DER UNFRUCHTBARKEITSTHERAPIE AUCH EIN PSYCHOLOGE AUFZUSUCHEN UND DESSEN HILFE ZU HOLEN?
Wenn ein Paar sein eigenes Kind auf die Welt bringen will und es eine gewisse Zeit nicht klappt, beginnt damit oft ein ziemlich entkräftender Langlauf. Beide Partner (vor allem die Frau) absolvieren eine Verkettung verschiedener Untersuchungen und Eingriffe. Die gegenwärtige medizinische Wissenschaft kann fast Wunder bewirken. Oft vergisst man allerdings, dass eine unfreiwillige Kinderlosigkeit langfristig viel Straß nach sich zieht. Die psychische Seite wird jedoch oft unterlassen und unterschätzt.
Was alles kann im Leben unfreiwillig kinderloser Menschen eintreten?
Eine große Hoffnungslosigkeit und ein Zusammenbruch der Vorstellungen über das künftige Leben: Das Kind wurde eigentlich als Selbstverständlichkeit betrachtet. Und auf einmal kommt der Schock, dass das Leben eine Wendung in eine ganz andere Richtung nehmen kann. Es taucht das Thema der Lebensgerechtigkeit auf: „Wieso sind Kinderheime rappelvoll von ungewollten Kindern und wir, die liebevolle Eltern werden möchten, immer nur vergeblich warten?“
Zweifel an der eigenen Weiblichkeit bzw. Männlichkeit: Das Selbstbild, die Wahrnehmung von sich selbst, ist zutiefst getroffen. „Jede normale Frau/jeder normale Mann ist doch zeugungsfähig! Nur ich nicht. Ich muss also ziemlich seltsam sein und lasse jegliche Qualität vermissen.“
Schuldgefühl: Diagnostizieren die Ärzte einem der Partner die Unfruchtbarkeit, kann dadurch die Gleichgewicht der Beziehung gestört sein. Der „fruchtbare Partner“ kann weiter planen, sich nach einem neuen Gegenüber umsehen, während der „unfruchtbare Partner“ manchmal dazu tendiert, die ansonsten sehr gut funktionierende Beziehung nur darum kaputt zu machen, um dem anderen Partner den Weg zum Kind freizumachen.
Das Leben mit dem ewigen „erst wenn“: Das gesamte Leben unterordnet sich dem Gedanken: „Erst wenn wir das Kind bekommen, dann beginnt das wahre Leben, das eine neue Dimension bekommt“. Während man so spricht, können inzwischen mehrere, viele oder sogar vielleicht viele Jahre verlaufen.
Soziale Isolation: Alle Freundinnen gebären oder haben zu Hause kleine Kinder, die gemeinsamen Themen gehen verloren und die neuen Themen der Freundinnen wirken eher verletzend, da es sich alles um die Kinder dreht. „Es ist also besser, solche Situationen zu vermeiden“.
Partnerkonflikte: Der langfristige Stress wird oft auch ins Partnerleben eingeschleppt. Männer und Frauen haben andere Adaptationsmechanismen für die Beherrschung von Krisen, diese Unterschiedlichkeit kann Konflikte hervorrufen.
Die Sexualität gerät manchmal unter Druck der fruchtbaren Tage und der gynäkologischen Eingriffe. Sie verliert ihre Spontanität und schwindet allmählich aus der Beziehung.
Auseinandersetzung mit dem eigenen Unzulänglichkeitsgefühl: „Ich investiere alles, inklusive der Zeit, des Geldes, des eigenen Körpers und kein Ergebnis in Sicht. Was mache ich falsch?“
Ich lebe dem eigenen Körper entfremdet: Der Körper „funktioniert“ nicht, er reagiert anders als erwartet, zusätzlich wird er zum Gegenstand ständiger Untersuchungen und Eingriffe, die Intimzone wird immer wieder gestört. Infolge der hormonellen Therapie kommt es häufig zur Zunahme des Körpergewichts.
Die Unfruchtbarkeit wächst mich über den Kopf und ist in meinem Leben allgegenwärtig: „Können wir einen Urlaub planen und buchen? Und was ist, wenn ich dann schon längst schwanger bin? Sollen wir eine kleinere oder eine größere Wohnung mieten oder kaufen? Und wie fühlen wir uns dann allein in einer großen Wohnung? Und wie passen wir alle in die kleine Wohnung rein, wenn wir uns vermehren?“ Die Frauen machen dann zu lange einen nicht zufriedenstellenden Job, denn „was passiert, wenn ich auf einmal schwanger bin?“
Der große Druck der Umgebung: Häufige Fragen: „Sag mal, wann gründet ihr schon endlich die Familie?“ Es kommen anschließend garantierte Ratschläge, „wie man sich ans Werk machen soll“. Sofern die Partner einen Eindruck machen, dass sie noch kein Kind wollen, werden sie als Karrieristen oder Egoisten beschimpft. Die Partner müssen es sich durch den Kopf gehen lassen, wie sie ihre häufigen Abwesenheiten und Arztbesuche erklären, welche Ausrede sie finden, wenn sie so eine intime Situation nicht an den Tag legen wollen, weil es für sie nicht leicht ist, darüber so „geschwind“ zu sprechen.
Wie kann ein Psychologe helfen?
Der Psychologe gewährt die Krisenintervention, er ist also behilflich, den akuten Stress zu ertragen. Man spricht oft davon, dass hinter der Unfruchtbarkeit ein psychischer Block steckt. Wiederholte Gespräche mit einem Psychologen sollten eventuelle Blöcke, Ambivalenzen oder andere psychische Probleme aufdecken. Man muss lernen auch mit der Eventualität klar zu kommen, dass der Kinderwunsch einfach nicht in Erfüllung gehen muss. Und wenn die Unfruchtbarkeit die Beziehungsqualität gefährdet, zu sehr belastet, oder sogar kaputt macht, auch das ist natürlich ein Thema für den Psychologen.