PGD – genetische Präimplantations-diagnostik
Teorie
Der komplette "menschliche genetische Code", d.h. Informationen über alle Eigenschaften und Merkmale eines Menschen, sind in der Desoxyribonukleinsäure (DNA) abgespeichert. Es handelt sich um ein doppelwendelförmig gewickeltes Riesenmolekül, Makromolekül, das zusammen mit Eiweißstoffen und weiteren Stoffen Chromosomen bildet. Die einzelnen DNA-Abschnitte stellen dann konkrete Gene dar und der Komplex aller Gene wird Genom genannt. Bei den Menschen ist die überwiegende Mehrheit des die Erblichkeit bzw. Erbinformation bedingenden genetischen Materials in Zellkernen gespeichert. Alle Zellen im Körper, die über einen Kern verfügen, enthalten dann die identische Kern-DNA, also die identische genetische Information.
Ein normales gesundes menschliches Einzelwesen hat im Kern aller Zellen, abgesehen von Reproduktionszellen, 46 Chromosomen. Davon 22 Paare, d.h. 44 Chromosomen, sind sog. Autosomen und 2 Chromosomen repräsentieren Geschlechtschromosomen – Gonosomen (Allosomen). Während eine Frau 2 XX-Geschlechtschromosomen hat, verfügt ein Mann über Geschlechtschromosomen X und Y. Das bedeutet, dass der physiologische weibliche Karyotyp 46,XX und der physiologische männliche Karyotyp 46,XY ist.
Chromosomen einer Frau nach der Analyse im genetischen Labor (46,XX) |
Chromosomen eines Mannes nach der Analyse im genetischen Labor (46,XY) |
Die Geschlechtszellen verfügen im Vergleich zu den somatischen Zellen nur über die Halbanzahl von Chromosomen. In den reifen Geschlechtszellen ist von daher nur der Halbsatz, d.h. 23 Chromosomen, anwesend. Alle normalen reifen Eizellen einer Frau tragen 22 Autosomen und ein X-Geschlechtshormon, reife Spermien eines Mannes enthalten dann außer 22 Autosomen entweder das X-Chromosom oder das Y-Chromosom. Über das Geschlecht des künftigen Nachkommen entscheidet also die genetische Ausstattung der Samenzelle, die die Eizelle befruchtet.
Kommt es bei der Erzeugung der Geschlechtszellen oder bei deren Verschmelzung zu einem Fehler in der Anzahl oder der Anordnung der Chromosomendosen, kann das entstandene bzw. zu entstehende Einzelwesen ernsthaft betroffen sein oder Probleme in der Folgereproduktion haben.
Die medizinische Wissenschaft bietet viele Methoden, die kontinuierlich perfektioniert werden und das Geburtsrisiko eines behinderten Kindes minimieren (Ultraschalldiagnostik, biochemische und genetische Analyse).
Beitrag und Durchführung der genetischen Präimplantationsuntersuchung
Das genetische Präimplantationsscreening und die genetische Diagnostik ermöglichen die Zeitversetzung der Diagnostik in die Periode der frühsten Embryoentwicklung (Embryoalter 3 – 5 Tage). Weil zwischen der Entwicklungsdynamik, der Embryomorphologie und der Embryoprognose eine gewisse Korrelation besteht, ist diese Bewertungsart für einige Paare mit einem erhöhten genetischen Risiko nicht ganz ausreichend. Unter der Voraussetzung, dass nach der erfolgten Befruchtung der Eizellen durch die Methode der künstlichen Befruchtung mehrere Embryonen entstehen, können durch diese Methode Embryonen ohne beobachtete bzw. festgestellte genetische Störung gewählt werden. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit der Empfängnis und der Geburt eines gesunden Kindes höher. Gleichzeitig wird dadurch das Schwangerschaftsabbruchsrisiko oder die Notwendigkeit, die Schwangerschaft aus genetischen Gründen abzubrechen, reduziert.
Zum Bestandteil der Untersuchung gehört die Biopsie der Embryozellen, wo aus dem sich optimal entwickelnden Embryo mittels der Mikromanipulationstechnik Zellen (Blastomere) entnommen werden. Deren Menge und die Stelle, woher sie entnommen werden, liegen an der Entwicklungsstufe und an der geforderten Untersuchung. Weil die Embryozellen in der Entwicklungsfrühphase noch nicht spezialisiert sind, belastet dieser Eingriff den lebensfähigen Embryo nicht und dieser setzt seine Weiterentwicklung fort.
Nach der durchgeführten genetischen Analyse werden zum Transfer in die Gebärmutter nur Embryonen mit einem normalen genetischen Befund gewählt (d.h. ohne eine beobachtete bzw. festgestellte genetische Störung). Dementsprechend sollte es zur Wahrscheinlichkeitserhöhung der Schwängerung und des erfolgreichen Graviditätsabschlusses kommen.
PGS-Methode – für wen ist sie bestimmt
Diese Methode ist nicht gezielt auf eine bestimmte genetische Störung, sondern auf pathologische Änderungen in der Anordnung der Chromosomen während der Verschmelzung der Eizelle und der Samenzelle und der anschließenden Frühentwicklung des Embryos orientiert. Diese Fehler werden vor allem von einer abnormalen Chromosomenanzahl begleitet (z.B. das Down-Syndrom). Mittels der PGS-Methode lassen sich entweder nur ausgewählte Chromosomen, die am häufigsten betroffen sind, oder alle Chromosomen des Embryos untersuchen.
Diese Methode wird in Absprache mit dem klinischen Genetiker vor allem den Paaren empfohlen, wo:
- das Alter der Partnerin 35 Jahre erreicht hat und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Kind mit einer abnormalen Chromosomenanzahl zur Welt bringt, erhöht ist
- es zu wiederholten Misserfolgen in der IVF-Therapie oder zu wiederholten Schwangerschaftsabbrüchen in der frühen Graviditätsphase kommt
- einer der Partner irgendwelche Chemo- oder Radiotherapiearten durchmacht hinter sich hat
- zur Befruchtung der Eizellen im IVF Zyklus Samenzellen des Partners mit Nichtobstruktionsform der Azoospermie verwendet wurden, die durch die Methoden MESA oder TESE gewonnen wurden
- es aus medizinischen Gründen nötig ist, die Selektion der Geschlechter durchzuführen (die Krankheit ist geschlechtsgebunden)
PGD-Methode – für wen ist sie bestimmt
Diese Methode ist schon auf die gezielte Diagnostik genetischer Krankheiten direkt orientiert, die von den Eltern übertragen werden können.
Diese Methode wird in Absprache mit dem klinischen Genetiker denjenigen Paaren empfohlen, wo bei den Eltern eine genetische Störung diagnostiziert wurde.
Die Techniken der genetischen Testabläufe werden fortlaufend entwickelt, präzisiert und beschleunigt. Die Möglichkeiten der Untersuchungen und deren Genauigkeit können damit in einigen Fällen die gezielte genetische Diagnostik sowie das genetische Screening auf einen Schlag bzw. im Rahmen eines Tests erlauben.
Veranschaulichung der PGD-Ergebnisse
Die Abbildung zeigt die PGS-Analyse, durchgeführt aus einer Zelle eines Dreitagesembryos. Betrachtet wird die Anwesenheit der Chromosomen Nummer 13, 18, 21, X und Y, die in rechnerischen Abweichungen am häufigsten bei mit einer Behinderung geborenen Kindern auftreten.
Die Geschlechtschromosomen X und Y kommen hier jedes in einer Kopie vor, alle weiteren die einzelnen Chromosomen 13, 18 und 21 anzeigenden Farbsignale sind in der Zelle zu zweit bzw. in Paaren anwesend. Es handelt sich hier um einen normalen Befund, aus diesem Embryo kann ein gesunder Bursche geboren werden.Die Abbildung zeigt das Ergebnis der PGS-Analyse, gewonnen aus einer Zelle eines Dreitagesembryos. Die Geschlechtschromosomen X und Y sind jedes in einer Kopie, die Chromosomen 13 und 21 sind in Paaren anwesend, aber das Chromosom Nr. 18 kommt in der Zelle dreimal vor. Ein Chromosom bleibt hier übrig. Das bedeutet, dass die Frucht des männlichen Geschlechts infolge dessen schwer behindert zur Welt kommen würde (das sog. Edwards-Syndrom).
Was ermöglicht die genetische Untersuchung und was macht sie unmöglich
Die genetische Präimplantationsuntersuchung ermöglicht vor allem, eine Reihe schwerwiegender Abweichungen in der Anzahl von Chromosomen aufzudecken, die den Embryo an seiner korrekten Entwicklung hindern. In der genetischen Ausstattung des Embryos sind wir auch zustande, einige konkrete Erbkrankheiten oder Abweichungen im Aufbau der Chromosomen aufzudecken. Obwohl die Entwicklung unaufhaltsam nach vorne marschiert und die zu offenbarenden Defekte immer zunehmen, lässt sich heutzutage die Auswahl des Embryos, der keinen Defekt aufweist, nicht völlig zusichern.
Die Chance auf den Erfolg des IVF-Programms erhöhen wir dadurch, dass wir die Embryonen, die sich in den durchgeführten Proben als abnormal herausgestellt haben, nicht transferieren. Ohne PGD würden wir diese Information nicht gewinnen, dafür aber oft auch Embryonen transferiert, die keiner Entstehung einer normalen Schwangerschaft zugrunde liegen können. Dennoch auch der Transfer von gesunden Embryonen kann keinen automatischen Erfolg des IVF-Programms zusichern, d.h. die Implantation des Embryos nach dem Transfer in die Gebärmutter und die Schwangerschaftsentstehung. Er kann nicht einmal gewährleisten, dass ein gesundes Kind zur Welt kommt. Das alles wird durch eine Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst.